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AG Göttingen: Insolvenzgericht muss Verfahrensbevollmächtigung bei Zustellungen beachten

In seinem aktuellen Newsletter weist RA Kai Henning auf AG Göttingen Beschl. vom 30.12.15, 74 IN 175/14 hin.

Hat sich im Insolvenzverfahren ein Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners bestellt, dann haben demnach Zustellungen an diesen zu erfolgen. Eine Zustellung nur an den Schuldner ist unwirksam. Dies gilt auch für die Belehrung gem. § 175 Abs. 2 InsO über eine angemeldete Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

Anmerkung RA Kai Henning:

Erfreulich deutlich stellt sich das AG Göttingen mit dieser Entscheidung schützend vor die Verfahrensrechte des Schuldners. Im Zivilprozess ist nach einhelliger Ansicht eine Zustellung an die Partei unwirksam und wirkungslos, wenn ein Prozessbevollmächtiger bestellt ist (vgl. Prütting/Gehrlein/Tombrink ZPO 7. Aufl. 2015 Rdnr. 1). Die Zustellungsregeln der ZPO gelten gem. § 4 InsO auch im Insolvenzverfahren. Dies mag manchem -wie hier dem zunächst zuständigen Rechtspfleger- zu weit gehen, ist aber eine ähnliche wichtige Voraussetzung guter und effektiver anwaltlicher Vertretung des Schuldners wie die Beachtung des anwaltlichen Umgehungsverbots. Dessen Geltung im Insolvenzverfahren hat der BGH vor kurzem festgestellt (Urt. vom 6.7.15 -AnwZ (Brfg) 24/14-).

Die Vorlage einer Vollmacht ist allerdings entgegen der Ansicht des AG Göttingen bei anwaltlicher Vertretung gar nicht erforderlich. § 171 ZPO gilt für den anwaltlichen Prozess- und Verfahrensbevollmächtigten nicht. Die Prüfung einer anwaltlichen Vollmacht findet gem. § 88 ZPO nur auf Rüge statt. Der anwaltliche Verfahrensbevollmächtigte kann also seine Bestellung formlos ohne Vorlage einer Vollmacht anzeigen (Prütting/Gehrlein/Tombrink ZPO 7. Aufl. 2015 § 172 Rdnr. 3). Die Vollmacht nichtanwaltlicher Vertreter ist allerdings gem. § 88 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen. Der jetzt gem. § 305 Abs. 4 InsO als Verfahrensbevollmächtigter zugelassene Schuldnerberater muss also eine Vollmacht vorlegen.

Zur Heilung der nichterfolgten Belehrung greift das AG Göttingen auf die Regelungen zur Wiedereinsetzung zurück. Das AG Düsseldorf ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat dem Schuldner das Recht eingeräumt, den Widerspruch gegen die angemeldete deliktische Forderung jederzeit nachholen zu können (AG Düsseldorf Beschl. vom 1.7.14 -510 IK 125/06-).