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BGH: Deliktsforderung kann doch unabhängig von titulierten Zahlungsanspruch verjähren

Der BGH hat mit Beschluss vom 03.03.2016, Aktenzeichen: IX ZB 33/14 eine sehr wichtige Entscheidung getroffen. Diese korrigiert sein Urteil vom 2.12.2010: es geht darum, ob eine Forderung „als Delikt“ verjähren kann, wenn sie schon als „normale Zahlungsforderung“ tituliert ist. Die  Leitsätze:

1. Hat der Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung einen anderen Streitgegenstand als der titulierte Anspruch, kann der Schuldner gegenüber dem Feststellungsbegehren des Gläubigers einwenden, der Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung sei verjährt (Klarstellung BGH, 2. Dezember 2010, IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337).

2. Rechtskräftig festgestellt sind alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die vom Streitgegenstand umfasst sind, über den mit dem Titel entschieden wurde.

3. Der Anspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht hat einen anderen Streitgegenstand als ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch.

4. Ansprüche auf Unterhalt und auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht kann der Gläubiger gleichzeitig nebeneinander geltend machen; die Hemmung, die Ablaufhemmung und der erneute Beginn der Verjährung des einen Anspruchs erstreckt sich nicht auf den anderen Anspruch.

5. Der Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlichen Verletzung der Unterhaltspflicht ist eine Familienstreitsache.

Normen:
§ 302 Nr 1 InsO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 256 ZPO, § 197 Abs 1 Nr 3 BGB, § 213 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 112 FamFG, § 170 StGB

Anmerkung RA Kai Henning (in seinem aktuellen Inso-Newsletter):

Nehmen wir an, ein Gläubiger hat einen bereits vor längerer Zeit titulierten Anspruch. Diesen Anspruch meldet er im Insolvenzverfahren auch als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung an. Der Schuldner widerspricht nur dem angemeldeten besonderen Forderungsgrund „Delikt“. Kann er sich im folgenden Feststellungsverfahren mit Erfolg auf die Verjährung der Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung berufen? Bis zur jetzt veröffentlichen Entsch. des 9. Senats vom 3.3.16 dürfte die Einschätzung auch aller Fachleute gewesen sein: Nein, denn der BGH hat 2010 festgestellt, ein „Feststellungsanspruch verjährt nicht“ (BGH Urt. 02.12.2010 -IX ZR 247/09- Rn. 12). Der 9. Senat nennt es zurückhaltend eine „Klarstellung“, wenn er jetzt, die Entscheidung von 2010 korrigierend, hinsichtlich einer Verjährung auf die betroffenen Streitgegenstände abstellt und zugleich feststellt, dass der reine Unterhaltsanspruch einen anderen Streitgegenstand als der Anspruch aus vorsätzlicher Unterhaltspflichtverletzung hat. Für die Praxis wird diese „Klarstellung“ bedeuten, dass sich Schuldner in zahlreichen Altfällen wieder -zu Recht- auf Verjährung der Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung berufen können. Von daher Anerkennung dem Schuldner und seinen Vertretern, die diese Entscheidung in einer langen Auseinandersetzung erstritten haben.