BGH, Beschluss vom 03.03.2016, Aktenzeichen: IX ZB 65/14 – Leitsatz
1a. Macht der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern geltend, kann er sich hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs und der Unterhaltsbedürftigkeit eines minderjährigen Kindes in Höhe des Mindestunterhalts auf § 1612a BGB berufen, wenn bereits ein Titel aufgrund eines streitigen Urteils vorliegt, der den Schuldner für die Zeiträume zu Unterhalt verurteilt, für die der Gläubiger Schadensersatz wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verlangt.
1b. Unter diesen Voraussetzungen trifft den Schuldner eine sekundäre Darlegungslast für die Umstände, die Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit begründen können.
2. Der Anspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht steht hinsichtlich des durch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz entstandenen Schadens dem jeweiligen Land zu.
3. Die Anmeldung einer fremden Forderung im eigenen Namen eines Dritten ist unwirksam. Dieser Mangel kann nur durch eine Neuanmeldung behoben werden.
§ 823 Abs 2 BGB, § 1612a BGB, § 170 StGB, § 7 UhVorschG, § 8 UhVorschG, § 174 InsO
Anmerkung RA Kai Henning (in seinem aktuellen Inso-Newsletter):
Die hier aufgehobene Entscheidung des OLG Hamm (Beschl. vom 13.3.14 -6 UF 150/13-) hatte es den Unterhaltsschuldnern hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislasten im Feststellungsstreit sehr einfach machen wollen. Selbst wenn ein Unterhaltstitel für die betroffenen Zeiten vorlag, sollte der Unterhaltsgläubiger zur Leistungsfähigkeit des Schuldners umfassend vortragen und Beweis antreten müssen. Dies ist wegen der oft weit zurückliegenden Zeiträume und der allein der Sphäre des Schuldners zuzuordnenden Umstände für die Unterhaltsgläubiger kaum möglich. Von daher nimmt der BGH hier -unter Betonung der grundsätzlichen Beweislast des Gläubigers- nachvollziehbar eine sekundäre Darlegungslast des Schuldners an, wie sie auch schon in der Literatur gesehen worden war (Dornblüth/Pape ZInsO 2014, 1625, 1628). Unterhaltsschuldner werden sich daher auf Feststellungsverfahren in Zukunft besser vorbereiten müssen. Allerdings kann sich auch der Schuldner im vorliegenden Verfahren auf Verjährung zumindest eines Teils der Forderungen berufen. Der ebenfalls am 3.3.16 ergangene Beschl. zum Aktenzeichen IX ZB 33/14 hat ihm hierzu die Tür geöffnet.