Am 20.+21.10.2020 wird Sven Ulbrich, Richter am Sozialgericht Berlin, in Hamburg die 2tägige Fortbildung „Krankenkassen als besondere Gläubigergruppe“ anbieten. Interessierte mögen sich den Termin schon mal vormerken. Details kommen Mitte / Ende März!
Monat: Februar 2020
Das BSG hat mit Urt. v. 20.02.2020 – B 14 AS 52/18 R entschieden, dass der Verbrauch von Vermögen, welches im Laufe eines Monats zur Schuldentilgung eingesetzt wurde, ab dem Tag des Verbrauchs einen SGB II-Leistungsanspruch auslöst. Denn abweichend von der Einkommensberücksichtigung (vgl § 11 Abs. 2, 3 SGB II) gibt es bei der Berücksichtigung von Vermögen im SGB II keine normative Grundlage für ein Monatsprinzip, so dass auch Leistungen ab Monatsmitte bzw, bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit zu gewähren sein können. – Terminbericht des BSG
aus dem aktuellen Newsletter von Harald Thomé: Ein weiteres Sozialgericht (SG Frankfurt, Beschluss vom 14. Januar 2020; S 30 AY 26/19 ER) hat die sozialrechtliche Zwangsheirat im AsylbLG und die juristische Beschwörung einer philosophisch-metaphysischen „Schicksalsgemeinschaft“ alleinstehender Leistungsberechtigter in Gemeinschaftsunterkünften als vermutlich verfassungswidrig eingeschätzt. Es hat daher im Eilverfahren vorläufig die Zahlung von Leistungen nach Regelbedarfsstufe 1 statt 2 angeordnet. Es geht im konkreten Fall um eine äthiopische Staatsangehörige mit Aufenthaltsgestattung in einer Gemeinschaftsunterkunft, die Leistungen nach § 2 AsylbLG erhält.
Mehr in einer Mail von Claudius Voigt vom 16.02.2020
Vermittlungsquote von Jobcentern
Rund zehn Prozent derjenigen Arbeitslosengeld-II-Beziehenden, die im Jahr 2018 wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begonnen haben, erhielten diese durch direkte Vermittlung der Jobcenter. Das führt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/17226) auf eine Kleine Anfrage (19/16519) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus. Demnach habe es durch die Aufnahme einer nicht geförderten Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt rund 515.000 Abgänge aus Arbeitslosigkeit gegeben, rund 54.000 davon durch Vermittlung eines Jobcenters. – Quelle: Bundestag
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat seine Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge veröffentlicht (siehe auch unsere Meldung vom 27.01.2020). Mit dem Gesetz will die Bundesregierung Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Kostenfallen schützen. Damit dies gelingt, müssen laut vzbv noch sechs Forderungen erfüllt werden.
Die Forderungen beruhen unter anderem auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung zu gängigen Kostenfallen im Auftrag des Marktwächters Digitale Welt der Verbraucherzentrale.
Mit dem vergangene Woche veröffentlichten Referentenentwurf eines Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens schlägt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eine längst fällige Verbesserung zum Erreichen eines wirtschaftlichen Neuanfangs natürlicher Personen vor, befindet die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB). Der Fachverband der Schuldnerberatungspraxis begrüßt die seit vielen Jahren geforderte Verkürzung der privaten Insolvenzverfahren von sechs auf drei Jahre nachdrücklich.
Durch die geplante Verkürzung der Verfahrensdauer und der Speicherfristen bei den Kreditauskunfteien ist eine spürbare Veränderung der Zukunftschancen für die überschuldeten Haushalte zu erwarten. „Mit dem Insolvenzverfahren allein ist es ja nicht getan“, erklärt BAG-SB Geschäftsführerin Ines Moers.
SG Darmstadt, 14.01.2020, S 17 SO 191/19 ER: Dem Bundesverfassungsgericht wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, S. 3155) mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar, soweit Unionsbürger, bei denen das Nichtbestehen der Freizügigkeit zwar festgestellt ist, diese Feststellung aber noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist, vollständig von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind.
Die Bertelsmann Stiftung meldet: „Wenn alle Bundesbürger gesetzlich versichert wären, würde die Gesetzliche Krankenversicherung jährlich ein finanzielles Plus in Höhe von rund neun Milliarden Euro erzielen. Der Beitragssatz könnte entsprechend je nach Szenario um 0,6 bis 0,2 Prozentpunkte sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner IGES Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Dabei wurde simuliert, wie sich Einnahmen und Ausgaben der GKV entwickeln würden, wenn alle bisher privat Versicherten in die Gesetzliche Krankenversicherung einbezogen wären. Jedes momentan in der GKV versicherte Mitglied und sein Arbeitgeber könnten demnach zusammen pro Jahr durchschnittlich 145 Euro an Beiträgen sparen, wenn auch Gutverdiener, Beamte und einkommensstarke Selbstständige am Solidarausgleich der Gesetzlichen Krankenversicherung teilnähmen. Würden die durch den Wegfall der PKV anfallenden Honorarverluste der Ärzte ausgeglichen, wären es 48 Euro jährlich.“
Nach der BMJV-Presserklärung vom 07.11.2019 (BMJV plant sukzessive Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre ab 17.12.2019) wurde gespannt auf die konkreten Umsetzungsvorschläge gewartet. Nun wurde der Referentenentwurf vorgelegt.
Daraus: „Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens wird von sechs auf drei Jahre reduziert. Auf die Erfüllung besonderer Voraussetzungen wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestbefriedigungsanforderungen wird verzichtet. Die Sperrfrist für die erneute Erlangung einer Restschuldbefreiung wird von zehn auf 13 Jahre verlängert.
Update 13.4.2023: Der Link unten ist nicht mehr aktuell. Siehe aber hier: https://infodienst-schuldnerberatung.de/beratung/inkassokosten-ohne-schaden-kein-schadensersatz/
Ein sehr lesenswerter Hinweis von Thomas Seethaler unter http://inkassowatch.org/ohne-schaden-kein-schadensersatz-zur-problematik-fiktiver-inkassokosten/ – PFLICHTLEKTÜRE!
„Unter der Überschrift “Erstattungsfähigkeit „fiktiver“ Inkassokosten – Vergütungsvereinbarungen von Inkassodienstleistern auf dem Prüfstand” befasst sich Dr. Malte Hartmann, bis August 2018 als Richter in der Präsidialabteilung des Amtsgerichts Hamburg für die Aufsicht über Rechtsdienstleister zuständig, in der aktuellen Ausgabe der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ (ZRP 2020, 12-15) mit einer vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs für ein „Gesetz zum Verbraucherschutz im Inkassorecht“ brisanten rechtlichen Fragestellung: Sind die Inkassokosten nach den üblichen zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen vereinbarten Vergütungsmodellen überhaupt als Verzugsschaden vom Schuldner zu erstatten? „
Siehe dazu auch: AG Esslingen, Urteil vom 18.05.2018, Az. 5 C 234/18 und Butenob, Zur Rechtmäßigkeit von Inkassokosten, BAG-SB Informationen 2018, 188