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BGH: Betreuungsleistungen eines Elternteils und Kindergeld sind keine eigenen Einkünfte i.S.d. § 850c Abs. 4 ZPO des unterhaltsberechtigten Kindes.

RA Kai Henning weist in seinem neuen InsO-Newsletter auf den Beschluss des BGH vom 19.12.19 zum Aktenzeichen IX ZB 83/18 hin, dessen Leitsatz lautet:

Betreuungsleistungen eines nicht barunterhaltspflichtigen Elternteils und Kindergeld bilden keine eigenen Einkünfte eines unterhaltsberechtigten Kindes.

Anmerkung RA Henning: „Der 9. Zivilsenat des BGH klärt hier zwei offene Fragen zur sehr praxisrelevanten Vorschrift des § 850c Abs. 4 ZPO, der über § 36 Abs. 1 S. 2 InsO auch in den Verfahren der natürlichen Personen Anwendung findet. Die von einem Elternteil gegenüber dem Kind erbrachten Betreuungsleistungen und ausgezahltes Kindergeld sind keine eigenen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Kinder. Offen lässt der BGH die Frage, ob Bafög-Leistungen eigene Einkünfte des Kindes sind, da sich der betroffene Schuldner nicht mit einer eigenen Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts gewandt hat. Der BGH gibt aber die Mehrheitsmeinung, die in diesen Leistungen keine eigenen Einkünfte sieht, ausführlich wieder.

Des Weiteren stellt der BGH fest, dass es Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gibt, die so unbedeutend sind, dass sie nicht zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Verfahren handelt es sich um Einkünfte in Höhe von 97 €, in einem anderen Verfahren hat der BGH schon 222 € bei einem 11jährigen Jungen als unbedeutend angesehen (Beschl. v. 21.12.04 -IXa ZB 142/04-, Rdnr. 15, ZInsO 05, 49). Vor diesem Hintergrund ist es schwer nachvollziehbar, dass die Mutter mit ihrem eigenen Einkommen in Höhe von 374 € zum einen zu 71% nicht mehr als unterhaltsberechtigt anerkannt wird, zum anderen aus ihrem geringen Einkommen auch noch anzurechnenden Naturalunterhalt an ihre Kinder leistet, der im Fall der Tochter mit 74,37 € angenommen wird. Hier hätte ein höherer Bedarf der Mutter unter Berücksichtigung der Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern eingefordert werden können (vgl. hierzu die deutliche Kritik an der Entsch. des Landgerichts bei Grote Insbüro 2019, 225), was der Schuldner aber unterlassen hat.

Schließlich stellt sich die Frage, wie in diesem komplexeren Fall mit drei nur teilweise zu berücksichtigenden Unterhaltspflichten der pfändbare Betrag aus dem Einkommen des Vaters konkret zu berechnen ist. Naheliegend mag erscheinen, den %-Satz der Nichtberücksichtigung auf den Unterschiedsbetrag aus der Pfändungstabelle anzuwenden. Der Unterschiedsbetrag zwischen keiner und der ersten Unterhaltspflicht beträgt 450 €. Demnach wären im vorliegenden Fall hinsichtlich der Ehefrau 71% von 450 € und damit 319,50 € pfändbar. Diese Berechnungsart genügt aber nicht den Vorgaben des § 850c Abs. 2 ZPO, aus dem sich eine differenziertere Berechnung ergibt (vgl. hierzu Zamaitat, InsbürO 2017, 317), die hier einen insgesamt beim Vater pfändbaren Betrag in Höhe von 231,10 € ergibt.“

Nachtrag 14.5.2020: Zur konkreten Berechnung des pfändbaren Betrags in diesem Fall siehe www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?p=17118.

Diese Seite wurde (zuletzt) aktualisiert am: 14.05.2020