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LG Köln: Corona-Soforthilfen sind unpfändbar und bei einer Kontopfändung nach § 765a ZPO freizugeben

UPDATE 30.6.2020: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09. Juli 2020, VII S 23/20 (AdV)


Hier eine Pflichtlektüre: Das LG Köln stellte am 23.04.2020 unter 39 T 57/20 fest:

„Dem Schuldner ist aber zur Vermeidung einer unangemessenen Härte i.S. von § 765a ZPO die Corona-Soforthilfe in voller Höhe (9.000,00 EUR) zu belassen und von der Pfändung auszunehmen. Denn der Anspruch des Schuldners aus dem Bescheid der Bezirksregierung Köln auf Gewährung der Corona-Soforthilfe ist ein nach § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbarer Anspruch. (…) Nach dieser Maßgabe ist die Corona-Soforthilfe – wie vom Amtsgericht richtig erkannt – ohne Weiteres als zweckgebunden anzusehen, da sie ausweislich des im Bescheid mitgeteilten Leistungszwecks der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von dessen aktuellen Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie dient (…)

In den nicht von § 850k Abs. 4 ZPO erfassten Fällen, lässt sich allerdings über eine Anwendung von § 765a ZPO erreichen, dass ein Schuldner nicht allein schon deswegen schlechter gestellt wird, weil sein Konto gepfändet ist und nicht der – unpfändbare – Anspruch selbst. Auch der Bundesgerichtshof billigt etwa eine Freigabe „entsprechend dem Rechtsgedanken des § 850k ZPO“ von Guthaben, die sich aus zweckgebundenen und damit nach § 851 ZPO unpfändbaren Beträgen ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 29.03.2006 – VII ZB 31/05 –, juris Rn. 14; siehe zu allem auch AG Reutlingen, Beschluss vom 12.01.2017 – 21 M 3308/15 –, juris). Es ist daher geboten, entsprechende Defizite des Instituts des Pfändungsschutzkontos unter Heranziehung des § 765a ZPO im vorliegenden Fall zu korrigieren (LG Saarbrücken, Beschluss vom 06.06.2012 – 5 T 189/12 –, VuR 2014, S. 69, 70; vgl. zur individuellen Ergänzungsfunktion des § 765a ZPO auch BGH, Beschluss vom 04.07.2007 – VII ZB 15/07 –, juris)“

Siehe auch die PM des Gerichts

Nachtrag 7.5.2020: Anderer Ansicht wird in der „Stellungnahme zur Pfändbarkeit staatlicher Hilfsleistungen“ von Saager/Selzer, Die Deutsche Kreditwirtschaft / Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V., vertreten.

Nachtrag 8.5.2020: Bemerkenswert ist auch „So pfänden Sie Hilfen für Solo-Selbstständige und Einzelunternehmer„. Der Einstieg („So traurig die Situation für die o. g. Betroffenen ist: Für Gläubiger stellt sich die Frage, ob sie auf diese Hilfen mittels PfÜB zugreifen können.“) zeigt allerdings deutlich, dass es hier nicht um Empathie geht.

Diese Seite wurde (zuletzt) aktualisiert am: 30.07.2020