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LG Bielefeld zur Unverhältnismäßigkeit der Versagung der Restschuldbefreiung

Hier der Hinweis auf Landgericht Bielefeld, 23 T 622/20, Beschluss 13.1.2021. Das LG hat die Versagung der Restschuldbefreiung geändert und die Restschuldbefreiung erteilt. Aus dem Beschluss:

„Zwar ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Schuldner für die Zeiträume vom 01.02. – 14.04.2019 sowie vom 18.06. – 30.06.2019 trotz mehrfacher Aufforderung … zunächst keine Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen gemacht hat und dadurch seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 97 Abs. 1 InsO zumindest grob fahrlässig verletzt hat. (…)

Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durfte jedoch die harte Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung nicht verhängt werden, da der Schuldner die fehlenden Angaben innerhalb der ihm im Anhörungsverfahren gesetzten Stellungnahmefrist nachgeholt hat und die fehlenden Angaben sich auf lediglich wenige Wochen bezogen(vgl. BGH, Beschluss v. 16.12.2010, Az. IX ZB 63/09 [= BGH ZInsO 2011, 197]; AG Duisburg, Beschluss v. 29.05.2017; Az. 60 IN 133/14, beide zitiert nach juris). Zudem war bekannt, dass der Schuldner im gesamten Zeitraum des Insolvenzverfahrens nur geringfügige oder gar keine Einnahmen hatte. (…)“

Anmerkung RA Kai Henning in seinem Inso-Newsletter 5-21:

Das Landgericht Bielefeld betont in seiner Entscheidung zunächst zu Recht die Weite der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners, der grundsätzlich von sich aus und damit aus eigenem Antrieb alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen hat. Es unterwirft diese Pflichten dann aber ebenfalls zu Recht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und kommt dadurch zu einem sachgerechten Ergebnis. Die Entscheidung wird auch durch die Überlegung gestützt, dass es im vorliegenden Fall im Grunde um die Erwerbsobliegenheit des Schuldners ging. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit lag nach Ansicht aller Beteiligten aber nicht vor. Da eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen einer Erwerbsobliegenheitsverletzungstets neben der Verletzung der Obliegenheit auch die Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung voraussetzt, war es angemessen, die Restschuldbefreiung dann nicht wegen des formalen Verstoßes der Nichtangabe der Einkommensverhältnisse zu versagen.