Vor einer Woche berichteten wir RegE zum SGB II-Sanktionsmoratorium: “Meldeversäumnisse” bleiben sanktioniert. Deutliche Kritik von Harald Thomé und dem Paritätischen.
Thomé: „…, also die Sanktionen nach § 32 SGB II, werden weiterhin sanktioniert. Diese Meldeversäumnisse machen aber ca. 70 % aller Sanktionen aus.
Zudem besteht die Gefahr, dass die sog. Pflichtverletzungen, also die Sanktionen nach § 31a SGB II, die jetzt im Rahmen des Moratoriums nicht sanktioniert werden dürfen, nachträglich noch sanktioniert werden. Denn nach § 31b Abs. 1 S. 5 SGB II ist bis zu sechs Monate nach dem sog. Pflichtversäumnis noch eine Sanktion möglich. Es besteht somit die ernste Gefahr, dass das schönklingende Sanktionsmoratorium ab Jan. 2023 mit nachträglich durchgeführten Sanktionen durch die Jobcenter ausgehöhlt werden.
Soviel zum Thema „MEHR FORTSCHRITT WAGEN“ durch die Ampel. …“
Paritätischer: „… Indem die Sanktionsregelungen bei Meldeversäumnissen bestehen bleiben, bekennt sich die Bundesregierung zur Fortführung der Mehrzahl der Sanktionen.
Ein Moratorium ist definiert als „vereinbarter oder gesetzlich angeordneter Aufschub“. Mit dem neu verabschiedeten Gesetzentwurf kann deshalb nicht mehr ernsthaft von einem Sanktionsmoratorium gesprochen werden, denn unter normalen Umständen entfielen etwa vier Fünftel der Sanktionen auf einfache Meldeversäumnisse, die weiter sanktioniert werden sollen.
Die Statistik der neu festgestellten Sanktionen der Bundesagentur für Arbeit weist für das Jahr 2019, vor Beginn der Pandemie, insgesamt 806.811 neu festgestellte Sanktionen auf. 629.370 davon entfielen auf einfache Meldeversäumnisse, das entspricht 78 Prozent der neu festgestellten Sanktionen. Nach den neusten Zahlen der Bundesagentur wurden im Monat November 2021 aufgrund der gegebenen Einschränkungen durch die Pandemie und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen insgesamt 25.610 Sanktionen neu festgestellt. Davon entfielen 16.721 auf einfache Meldeversäumnisse, das entspricht mit 65,29 Prozent annähernd zwei Dritteln der Sanktionen.
Der Referentenentwurf des BMAS hätte den Bürokratieaufwand von Bürgerinnen und Bürgern um 17.000 Stunden verringert. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung reduziert sich dieser Ersparnis mit 8.000 Stunden auf weniger als die Hälfte. …
Der Paritätische fordert, Sanktionen grundsätzlich abzuschaffen. Die Regelsätze der Grundsicherung unterschreiten regelmäßig schon jetzt das soziokulturelle Existenzminimum, das nicht zusätzlich gekürzt werden darf….“