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Direkte Zugänge zu den Hamburger Behörden müssen erhalten bleiben! Migrations- und Sozialberatungsstellen kritisieren dysfunktionale Effekte der Digitalisierung

In einem offenen Brief vom 08.09.2023 kritisieren Migrations- und Sozialberatungsstellen aus Hamburg „dysfunktionale Effekte der Digitalisierung“. Aus dem Schreiben:

Digitale Zugänge dürfen analoge / direkte Möglichkeiten, sich an Behörden zu wenden, nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Auch die Ämter haben ihren kundennahen Beratungs- und Dienstleistungsauftrag zu erfüllen.

Die Erreichbarkeit der Behörden wird trotz zunehmender Digitalisierung insgesamt schlechter, nicht besser. Digitale Zugangserfordernisse erhöhen für viele Menschen generell die Schwellen zu Ressourcen (Leistungen, Wohnungssuche, etc.) und grenzen weniger gebildete, ältere, nicht deutschsprachige und von Armut betroffene Menschen aus.

Vor dem Hintergrund mangelnder digitaler Bildung und finanzieller Voraussetzungen verstärkt diese Entwicklung in allen gesellschaftlichen Bereichen die soziale Ungleichheit. Viele Menschen werden auf Dauer von sozialer Teilhabe abgehängt. Das darf nicht passieren. (…)

Fazit und Forderungen:

  • Die Verantwortung für das Gelingen der geforderten digitalen Kommunikation zwischen der Verwaltung und ihren Klient:innen darf nicht auf die Beratungsstellen abgewälzt werden.
  • Die Digitalisierung der Behördendienstleistungen darf die telefonische und persönliche Erreichbarkeit und eine effektive Kommunikation zwischen Behörde, Beratungsstellen und Klient:innen nicht behindern. Sie muss so verbessert werden, dass sie professionell und reibungslos funktioniert und zeitnahe, zuverlässige Bearbeitung von Anträgen sicherstellt.
  • Doppelarbeit für die Antragsteller:innen und parallele Bearbeitungsverfahren sind zu vermeiden.
  • Öffnungszeiten für Vorsprachen in Präsenz auch ohne online gebuchten Termin und direkte Telefonzugänge zur Sachbearbeitung müssen erhalten bleiben.
  • Dafür sind Personalaufstockungen notwendig sowohl in den unterbesetzten Behörden als auch in den Beratungsstellen, die dafür sorgen, dass auch strukturell benachteiligte Menschen zu ihrem Recht kommen.
  • Niedrigschwellige staatlich finanzierte Programme digitaler Bildung sind notwendig sowie die Gewährung von Zuschüssen durch die Sozialleistungsträger für die Anschaffung digitaler Geräte.“

Anmerkung von Harald Thomé in seinem Newsletter vom 24.09.2023:

„Was die Hamburger KollegInnen beschreiben ist nicht nur in Hamburg ein Problem, sondern auch bundesweit. Diese Abschottungsstrategie wird von der BA betrieben, auch wenn die BA das öffentlich bestreitet. Diese Abschottungsstrategie ist rechtswidrig und wenn sie nicht durch Druck gekippt wird, muss sie durch Urteile angegriffen werden. Ich möchte den HH’er KollegInnen für die Initiative danken und wünsche Erfolg!
Ich möchte darauf hinweisen das solche „zugemauerten“ Zugänge zu Behörden insbesondere in der neuen Kindergrundsicherung geplant sind, auch das hatten wir als Tacheles in unserer Stellungnahme intensiv angegriffen.“