Aus einer PM der Diakonie: „Die Diakonie Deutschland hat zusammen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschungam (DIW Berlin) eine Kurzexpertise erstellt, die das Ausmaß der Kinderarmut in Deutschland umfassend untersucht. Sie zeigt, dass die gesellschaftlichen Folgekosten von Kinderarmut vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung und sozialer Teilhabe viel stärker diskutiert werden müssen. (…)
„In der Diskussion über die Kindergrundsicherung dürfen nicht nur die kurzfristigen Sparzwänge im Bundeshaushalt eine Rolle spielen. Wir müssen auch über die mittel- und langfristigen Belastungen für Staat und Steuerzahler sprechen, die sich zwangsläufig ergeben, wenn wir nicht frühzeitig in alle Kinder investieren“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bei der Präsentation des Gutachtens. Denn gesunde und gut ausgebildete Kinder hätten deutlich bessere Chancen, sich ein selbstständiges Leben mit höheren Einkommen und einer geringen Abhängigkeit von staatlichen Hilfen aufzubauen. Lilie: „Frühzeitige Investitionen sichern soziale und ökonomische Chancen und ersparen dem Sozialstaat weitaus höhere Folgekosten.“ Die Diakonie fordert seit vielen Jahren im breiten Bündnis Kindergrundsicherung eine existenzsichernde Kindergrundsicherung.
„Gefragt ist jetzt eine kluge Sozialpolitik mit ökonomischem Weitblick, die investiert und nicht nur die Folgeschäden von Armut ausbessert“, sagte Lilie: „Wer bei den Kindern spart, zahlt später drauf.“
Die von Familienministerin Lisa Paus anfangs genannten zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung hält die Diakonie Deutschland für nicht ausreichend. Notwendig wären mindestens 20 Milliarden Euro. „Das ist ein Bruchteil der Summe, die Staat und Steuerzahler heute schon schultern müssen, wenn Kinderarmut nicht energischer bekämpft, sondern stattdessen lieber die enormen Folgekosten in Kauf genommen werden“, sagte Lilie. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten vergangener und aktueller Kinderarmut in Deutschland schätzt eine aktuelle OECD-Studie (Clarke et al 2022) auf jährlich etwa 3,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). „Wir sprechen hier also von einem zehnfachen Betrag von 110 bis 120 Milliarden Euro“, so Lilie.
Lilie zufolge wäre es sinnvoller, zumindest einen Teil dieser Milliarden in besser erreichbare und gezielt höhere Leistungen für Kinder in armutsgefährdeten Familien zu investieren. Zudem müsse der Staat für eine bessere soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche sorgen. Lilie: „Wir brauchen eine Politik des Sowohl-als-Auch: Mehr direkte Unterstützung für die Bedürftigen und bessere Bildungs-Strukturen für alle. Wer an einem davon oder gar an beidem spart, der spart an der falschen Stelle und wird am Ende die x-fache Summe draufzahlen.“ (…)
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, dringt ebenfalls auf eine rasche Einführung der Kindergrundsicherung. „Studien zeigen, dass Armut oft von Generation zu Generation weitergegeben wird, diese Entwicklung gilt es zu durchbrechen“, so Fratzscher. „Ein Schlüssel dazu liegt in der Kindergrundsicherung. Ein automatisiertes und digitales Verfahren bei der Auszahlung macht die Familien nicht länger zu Bittstellern und sorgt dafür, dass die Berechtigten alle Leistungen erhalten, die Ihnen zustehen. Sinnvoll ist auch ein höherer Garantiebetrag zur Kindergrundsicherung (möglichst höher als das Kindergeld in Höhe von 250 Euro), so dass jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern abgesichert ist.“ Hinzu komme ein einkommensabhängiger Betrag und andere Leistungen für Bildung und Teilhabe, etwa für Klassenfahrten, Sportverein und Musikschule. (…)
Quelle und mehr: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/gutachten-zur-kindergrundsicherung-wer-bei-den-kindern-spart-zahlt-spaeter-drauf