Kategorien
Uncategorized

Musterfeststellungsurteil gegen EOS im Wortlaut

Gestern haben wir berichtet, dass die Musterfeststellungsklage des vzbv gegen EOS erfolgreich war (OLG Hamburg – 3 MK 1/21). Inzwischen liegt der Entscheidungstext vor. Daraus:

„Die Tatbestandsvoraussetzungen der hier in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage §§ 280, 286. BGB liegen zwar dem Grunde nach vor. Es fehlt jedoch an einem i. S. d. §§ 249 ff. BGB ersatzfähigen Verzugsschaden im Hinblick auf die gegenüber den Verbrauchern geltend gemachte „Inkassovergütung“ in Höhe einer 1,3 – Gebühr entsprechend der Nr. 2300 VV RVG. (…)

Als Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 249 ff. BGB können allerdings nur die dem Gläubiger tatsächlich entstandenen Nachteile ersetzt verlangt werden. Die Rechtsverfolgungskosten sind mithin nur dann zu erstatten, soweit sie beim Gläubiger nach dem konkreten Vertrag auch tatsächlich angefallen sind. (…)

Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist (…)

Danach haben die Musterbeklagte [Anm.: EOS Investment GmbH] und die D. [Anm.: das Inkassounternehmen, also EOS DID] im Innenverhältnis zweierlei geregelt: Zum einen die Pflicht des Gläubigers zur Zahlung einer Inkassovergütung in Höhe einer 1,3-Gebühr analog RVG und zum anderen die Erfüllung dieser Vergütungspflicht durch Abtretung des Ersatzanspruchs zwischen Gläubiger und Schuldner (vgl. auch Anlage B 12) sowie die Annahme dieser Abtretung durch die D. an Erfüllung statt gem. § 364 Abs. 1 BGB. Um ganz sicher zu gehen, dass die Musterbeklagte nicht die gegenüber den Verbrauchern geltend gemachten Inkassokosten für die Tätigkeit der D. an letztere zahlen muss, haben die Parteien zudem geregelt, dass die Inkassovergütungen zwar dem Konto der Musterbeklagten angelastet, diese jedoch bis zur Realisierung gestundet werden, 7.2 Abs. 1. Sofern Inkassovergütungen nicht realisiert werden, werden sie an Erfüllungs statt – also mit schuldbefreiender Wirkung – abgetreten.

Bei dieser Erfüllungsvariante trägt der an Erfüllung statt annehmende Inkassounternehmer das Risiko, den geltend gemachten Vergütungsanspruch auch tatsächlich beim Schuldner realisieren zu können. Bei einem solchen Modell wird die Tätigkeit des Inkassodienstleisters faktisch durch die Zahlungen der tatsächlich leistenden Schuldner vergütet, die damit die gescheiterte Rechtsdurchsetzung gegen die nicht Zahlenden finanzieren. (…)

Es fehlt schlicht an dem gegenüber den Verbrauchern konkret geltend gemachten Schaden der Musterbeklagten. In erster Linie ist schadensrechtlich zu berücksichtigen, dass es bei dieser Konstruktion an der geltend gemachten Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese fehlt, da sich der Gläubiger der (zugleich gestundeten) Belastung mit der Inkassovergütung durch die Erfüllungsabrede in derselben Vereinbarung wieder entledigt. Die Abtretung des Ersatzanspruchs an Erfüllung statt stellt insoweit keinen erheblichen rechtlichen Unterschied zu einem nach h. M. nicht erstattungsfähigen Erfolgshonorar dar (so auch: Hartmann, ZRP 2020, 12, 15). Bei dieser Konstellation macht das Inkassounternehmen gegenüber dem Schuldner Aufwendungen geltend, die der Gläubiger so nicht hat. Denn eine Zahlungsverpflichtung, die nicht zur Zahlung verpflichtet, stellt keinen Nachteil dar. (…)

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 614 S. 2 ZPO.“