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OLG Düsseldorf: Gebühren für Abwendung einer Stromsperre unzulässig

Wenn Verbraucher:innen mit der Zahlung ihrer Stromrechnung in Verzug sind, kann ihnen im schlimmsten Fall der Strom abgeschaltet werden. Energieversorger sind verpflichtet vor einer Stromsperre ihren Kund:innen eine zinsfreie monatliche Ratenzahlung anzubieten. Die NEW Niederrhein Energie und Wasser GmbH erhob hierfür allerdings Gebühren. Dagegen klagte die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 13.02.2025, Az I-20 UKI 7/24). – Quelle und mehr: www.verbraucherzentrale.nrw/pressemeldungen/presse-nrw/besserer-schutz-vor-stromsperren-104143

Die genannte gesetzliche Verpflichtung ergibt sich aus § 19 Abs. 5 StromGVV / GasGVV. Vgl. auch www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=stromgvv

Aus der Entscheidung: zur Klausel  „Aktuell besteht aus Energielieferung für die vorbezeichnete Lieferstelle eine offene Forderung in Höhe von „Hauptforderung“ zuzüglich eines Bearbeitungsentgeltes in Höhe von 15,00 Euro.“ die Rn. 54ff.:

„aa) Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle, § 307 BGB. Es handelt sich nicht um eine Preisabrede, die im Allgemeinen von einer Klauselkontrolle ausgenommen ist. Zwar wird der Betrag als „Bearbeitungsentgelt“ bezeichnet, wobei mit Bearbeitung ersichtlich die Entgegennahme und Prüfung des Kundenantrages sowie die weitere Überwachung der Zahlungen des Kunden gemeint ist. Wie jedoch noch näher auszuführen ist, bepreist die Klausel jedoch die Erfüllung von Pflichten, die die Beklagte kraft Gesetzes trifft (vgl. Grüneberg, BGB; 84. Aufl., § 307 Rn. 49 m.w.N.).

bb) Die Klausel ist mit § 19 Abs. 5 StromGVV/GasGVV (vgl. auch § 41g Abs. 1 EnWG in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung, BT-Drs. 20/14199) nicht vereinbar.

Der Grundversorger ist nach § 19 Abs. 5 S. 2 StromGVV/GasGVV verpflichtet, dem Kunden auf dessen Verlangen oder von sich aus spätestens mit der Ankündigung einer Unterbrechung der Grundversorgung den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung anzubieten. Damit naturgemäß verbunden ist die Prüfung der Erklärung des Kunden, schließlich auch die Überprüfung der Einhaltung der Zahlungsverpflichtung. Diese Verpflichtung trifft den Grundversorger mithin kraft Gesetzes, ohne dass eine Gegenleistung vorgesehen ist. Im Gegenteil betont der Gesetzestext, dass die Stundung „zinsfrei“ (§ 19 Abs. 5 S. 3 Nr. 1) und ohne Mehrkosten für den Kunden (§ 19 Abs. 3 S. 1) ist. Zwar wird die Abwendungsvereinbarung nicht in Abs. 3 S. 2 erwähnt, die dort aufgezählten Maßnahmen sind jedoch nur „beispielsweise“ aufgeführt, die Abwendungsvereinbarung sodann in S. 3 erwähnt. Mithin kann der Grundversorger die Erfüllung dieser Pflicht nicht von einer Gegenleistung abhängig machen. Dass die Bearbeitung des Antrages mit Aufwand seitens der Beklagten verbunden ist, ist unerheblich (vgl. BGH NJW 2013, 995 zur Führung eines Pfändungsschutzkontos).

cc) Als Schadensersatz kann die Beklagte den Betrag aus mehreren Gründen nicht verlangen:

Zum einen wird der Betrag nicht als Schadensersatz, sondern als „Bearbeitungsentgelt“ bezeichnet. Des Weiteren ist nicht erläutert, dass der Betrag dem durch einen Verzug des Kunden entstanden ersatzfähigen Aufwand entspricht, zudem fehlt es an einem Hinweis nach § 309 Nr. 5 lit. b) BGB.“

Daneben wurde auch festgestellt, dass die Anbieter bei hohen Rückstanden auch Ratenzahlungen bis 24 Monaten anbieten müssen. Zur Klausel  „Dem Kunden bleibt nachgelassen, die Gesamtforderung in 6/12 Raten zu den folgenden Fälligkeitsterminen zu begleichen:“ hat das Gericht entschieden (Rn. 62 ff): „Die angegriffene Klausel ist so auszulegen, dass die Beklagte ihren Kunden eine Ratenzahl von höchstens 12 anbietet. Eine andere Auslegung kann dem Satz, wonach die „Gesamtforderung in 6/12 Raten … zu begleichen“ ist, nicht entnommen werden. Auch aus den folgenden Zeilen ergibt sich nichts Anderes; dort wird zwar auf „ggf. weitere“ Raten verwiesen, das ist aber damit erklärbar, dass nur 6 Zahlungstermine genannt werden. Der Kunde muss davon ausgehen, dass maximal 12 Termine eingesetzt werden können.

Dies ist jedoch mit § 19 Abs. 5 S. 6/7 StromGVV/GasGVV nicht zu vereinbaren. Nach diesen Vorschriften ist der Rückstand je bei einem Rückstand von mehr als 300 € in höchstens 24 Monaten, im Regelfall bis zu 18 Monaten abzutragen. Diese Vorschrift lässt es zu, dass bei monatlicher Zahlung (von der S. 9 ausgeht) bis zu 24 bzw. Ratenzahlungen möglich sind. Dass die Beklagte auf Nachfrage des Verbrauchers längere Ratenzahlung anbietet, ist unerheblich.

Im Übrigen ist es Sache der Beklagten, die Verbraucher umfassend aufzuklären und nicht erst auf ihre Nachfrage hin weitere Ratenzahlungen anzubieten, § 19 Abs. 3 S. 3/4 StromGVV/GasGVV.“