Wer Schulden hat, wird früher oder später mit dieser speziellen Spezies zu tun bekommen: Inkassounternehmen und Rechtsanwälte, die auf die Einziehung von Forderungen spezialisiert sind.
Inkassounternehmen sind gewerbliche Geldeintreiber. Viele Gläubiger, besonders Großgläubiger wie z.B. Banken, Versandhandel treiben ihre Forderungen nicht mehr selbst ein. Sie beauftragen damit eines der Hunderten von Inkassounternehmen (oder spezialisierte Rechtsanwälte), die dies in ihrem Auftrag erledigen. Auf diesem Weg sollen eigene Kosten für die Bearbeitung und Überwachung von Außenständen eingespart werden. Die Kosten dieses ausgelagerten Forderungseinzugs werden auf den Schuldner abgewälzt.
Einen sehr guten Einstieg gibt die Internetseite „Inkassounternehmen: Branche mit vielen schwarzen Schafen“ der Verbraucherzentrale Sachsen:
www.verbraucherzentrale-sachsen.de/inkassounternehmen
Inkassounternehmen arbeiten mit einem ausgeklügelten System und einer guten Portion Hartnäckigkeit – oft genug auch Unnachgiebigkeit, dass es manchem Schuldner graust und nicht nur Ärger, sondern Wut aufkommt.
Die Eintreibung der Forderung erfolgt über ein sehr differenziertes Mahnverfahren. Dazu gehören Mahnbriefe (mit einem häufig drohenden Tonfall), Hausbesuche und Telefoninkasso.
1. Arten des Inkassos
Es gibt im Wesentlichen zwei Arten des Inkassos, die sich in drei verschiedene juristische Konstruktionen aufteilen lassen. Diese sind: Darstellung Inkasso
Die Einziehungsvollmacht wird sehr häufig von (Inkasso-) Rechtsanwälten genutzt. Der Rechtsanwalt erhält ein Honorar, handelt im frendem Namen und auf fremde Rechnung. Das Bonitätsrisiko trägt der Gläubiger.
Bei der Inkassozession gibt es zwei Verträge zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen. In dem einen Vertrag tritt der Gläubiger die Forderung an das Inkassounternehmen ab (§ 398 BGB), welches dann neuer Gläubiger wird. Das Unternehmen handelt dann nach Außen im eigenem Namen. In einem zweiten Vertrag vereinbaren Gläubiger und Inkassounternehmen aber, dass die Abtretung nur zum Zwecke der Einziehung geschieht. Das wirtschaftliche Risiko soll beim Altgläubiger verbleiben. Das Inkassounternehmen ist also nur als Treuhänder tätig und erhält für seine Tätigkeit in der Regel eine Provision.
Auch beim Forderungskauf / Factoring gibt es eine Abtretung der Forderung nach § 398 BGB. Hier aber erfolgt die Abtretung ohne Einschränkungen. Das Inkassounternehmen wird vollständig und endgültig der neue Gläubiger und es trägt ab sofort das Bonitätsrisiko. Solche Forderungsaufkäufe finden in aller Regel in Paketen statt. Der Aufkaufpreis liegt in der Regel zwischen 5 und 10% des Nennwertes. Auf diese Weise erzielen Inkassounternehmen große Gewinne.
Die Unterscheidung dieser drei Rechtskonstruktionen des Inkasso ist unter folgenden Gesichtspunkten wichtig: Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), Verhandlungspartner und Inkassokosten
a) Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG):
Der gewerbliche Forderungseinzug fremder Forderungen oder auf fremde Rechnung ist nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nur „registrierten Personen“ erlaubt, die eine besondere Sachkunde und Zuverlässigkeit nachgewiesen haben (§ 10ff RDG). Rechtsanwälte dürfen stets Rechtsdienstleistungen erbringen (§ 3 Bundesrechsanwaltsordnung).
-> Folge: Bei den beiden Auftragsinkasso-Arten ist stets eine nach dem RDG bzw. der BRAO (Rechtsanwalt) zugelassene Erlaubnis (= Registrierung) erforderlich. Fehlt diese, ist der Inkassovertrag zwischen dem (vermeintlichen) Inkassounternehmen und dem Gläubiger nach § 134 BGB unwirksam. Dann sind auch keine Inkassokosten zu zahlen, wenn die Erlaubnis fehlt!
Der Eigeninkasso (Forderungskauf / Factoring) ist hingegen erlaubnisfrei (vgl. Bundestags-Drucksache 16/3655, Seite 48).
Unter www.rechtsdienstleistungsregister.de kann man schnell prüfen, ob ein Inkassounternehmen nach dem RDG registriert ist oder nicht. Dort finden Sie auch die zuständige Registrierungsbehörde.
b) Verhandlungspartner
Zunächst ist das Inkassounternehmen bzw. der Rechtsanwalt der Verhandlungspartner, um eine Stundung, Ratenzahlung oder andere Regelung zu treffen. Insoweit sollte die Entscheidung des (Ursprungs-) Gläubigers, den Forderungseinzug an das Inkassounternehmen abzugeben, respektiert werden.
Allerdings gibt es Situationen, in denen man mit dem Inkassounternehmen nicht mehr weiterkommt, weil dieses „auf stur schaltet“ oder sich aus sonstigen Gründen nicht vergleichsbereit zeigt. Dann sollte man bei den beiden Auftragsinkasso-Arten die Möglichkeit erwägen, sich direkt an den eigentlichen Gläubiger zu wenden. Als „Herr der Forderung“ hat der Gläubiger auch mehr Verhandlungsspielraum. Aus Gründen der Fairness sollte aber die direkte Kontaktaufnahme mit dem (Alt-) Gläubiger vorher angekündigt werden.
Beim Forderungskauf/Factoring gibt es die Unterscheidung zwischen Gläubiger und Inkasso nicht. Hier ist stets mit dem (neuen) Gläubiger zu verhandeln.
c) Inkassokosten
Es sind keine Inkassokosten zu zahlen, wenn das Inkassounternehmen Forderungen auf fremde Rechnung eintreibt und nicht nach dem RDG registriert ist, s.o. unter a).
Liegt ein Forderungskauf / Factoring vor, dann ist das Inkassounternehmen der neue Gläubiger. Ab dem Kaufdatum handelt es also vollständig im eigenem Interesse. Die (weiteren) Inkassokosten für die Realisierung der eigenen (!) Forderung können nicht geltend gemacht werden. („Eigenobliegenheiten des Gläubigers“ bzw. „eigene Mühewaltung“); vgl. BGH, Urteil vom 09.03.1976, Aktenzeichen: VI ZR 98/75.
„Gebotene und übliche Eigenbemühungen des Gläubigers“ sind nicht erstattungsfähig; so hat nach dem – sehr lesenswerten – Urteil des AG Dortmund vom 8.8.2012 (AZ: 425 C 6285/12) etwa ein gewerblicher Großvermieter keinen Anspruch auf Erstattung von Inkassokosten, die bei einem zum Konzern des Vermieters gehörenden Inkassoinstitut angefallen sind. (www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/dortmund/ag_dortmund/j2012/425_C_6285_12_Urteil_20120808.html) . Rechtsanwälte wiederum dürfen eingeschaltet werden.
2. Praktisches Problem: Unterscheidung Inkassozession versus Forderungskauf / Factoring
Das Problem ist aber, dass man nur schwer erkennen kann, ob nun eine Inkassozession oder ein Forderungskauf / Factoring stattgefunden hat. In beiden Fällen besteht eine Abtretung, in der inhaltlich lediglich der Rechtsübergang bestätigt ist – siehe den gelben Kasten in der obigen Tabelle. Über das Innenverhältnis gibt die Abtretung keine Auskunft. Wenn das Inkassoinstitut nicht von sich selbst behauptet, die Forderung gekauft zu haben, hilft im Zweifel nur das bestreiten der Inkassogebühren. Dann liegt es am Inkassoinstitut, nachzuweisen, dass nur eine treuhänderische Abtretung (Inkassozession) vorliegt.
Zur Unterscheidung noch aus Bundestags-Drucksache 16/3655, Seite 49:
„Vertragsklauseln, die für den Fall des Ausfalls des Schuldners eine Rückabwicklung des Kaufvertrags vorsehen oder eine Garantie für die Beitreibbarkeit der übertragenen Forderungen enthalten, verdeutlichen dabei, dass es sich nicht um einen Forderungskauf, sondern um eine (verdeckte) Abtretung zu Einziehungszwecken handelt. Entscheidend ist stets, dass der Erwerber einer Forderung das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (vgl. zur Abgrenzung des Forderungskaufs von der verdeckten Inkas sozession BGH, XI ZR 273/99 v. 24. Oktober 2000)“