Lösungsvorschlag – praktischer Fall 1

Der Fall: siehe www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?p=9277

Lösungsvorschlag:

Da keine Besonderheiten bekannt sind, kann hier von einer Regelverjährungszeit von 3 Jahren ausgegangen werden, § 195 BGB. Diese hat nach § 199 BGB Ende 2011 begonnen, so dass mit Ablauf des 31.12.2014 der Kaufpreis dem Grund nach verjährt war.

Die zahlreichen Mahnungen des Gläubigers / Inkassounternehmens sind für die Verjährung irrelevant, da sie ein einseitiger Akt sind und der Gläubiger auch nicht gerichtlich aktiv war (ergo: keine Hemmung nach § 203 BGB oder § 204 BGB; kein Titel, vgl. § 197 BGB).

Interessant aber ist das Schreiben des Schuldners vom 17.3.2015. Die dortige Bitte um Stundung („bis sich die Schuldnerberatung bei Ihnen meldet“) ist an sich ein Anerkenntnis nach § 212 Absatz 1 Nr. 1 BGB mit der Folge, dass die Verjährung von Neuem beginnt.

Aber: Das Anerkenntnis erfolgte nach Ablauf der Verjährung (31.12.2014, s.o.). Dann aber ist ein Neubeginn der Verjährung nicht mehr möglich!

  • BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 – VI ZR 87/14, Rz. 11:
    „Denn ein Anerkenntnis kann mit verjährungsunterbrechender Wirkung (§ 208 BGB a.F., § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. [Anmerkung: also auch mit der Wirkung eines Neubeginns der Verjährung]) nur innerhalb einer noch laufenden Verjährungsfrist abgegeben werden (*). Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist (…) nicht zu entnehmen, ob die Zahlung vom 3. September 2010 innerhalb einer noch laufenden Verjährungsfrist erfolgt ist.“
  • BGH, Versäumnisbeschluss vom 7. Mai 2014 – XII ZB 141/13, Rz. 15:
    „Schließlich ist die Zahlung vom 21. Januar 2010 erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt und konnte demnach keinen Neubeginn der Verjährungsfrist nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB mehr auslösen.“

Die Kaufpreisforderung ist also verjährt, obwohl der Schuldner am 17.3.2015 um Stundung gebeten hat!

* angegebene Quellen „vgl. RGZ 78, 130, 131; BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 – XII ZB 141/13, aaO Rn. 15; BGH, Urteil vom 21. November 1996 – IX ZR 159/95, NJW 1997, 516, 517; vom 9. Oktober 1986 – I ZR 158/84, WRP 1987, 169; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Bearb. 2014, § 212 Rn. 32; Erman/Schmidt/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 212 Rn. 9 mwN“

RA Matthias Butenob

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